Schlechte Führung wurde glorifiziert

Viele Branchen sind von der Great Resignation betroffen, der massenhaften Kündigung von Mitarbeiter:innen. Doch die Medienindustrie weist laut Anita Zielina einige Besonderheiten auf.

Warum tun sich Medienunternehmen plötzlich so schwer damit, gute Mitarbeiter:innen zu finden?

Anita Zielina: Die Generation Z und die Millennials sind Teil der vielzitierten Great Resignation. Unfassbar viele von ihnen möchten in den nächsten 24 Monaten ihren Job kündigen (laut einer Deloitte-Studie 40 Prozent der unter 28-Jährigen, Anm.). Sie sagen: Wir haben einen superstressigen Job, gleichzeitig werden wir nicht hinreichend wertgeschätzt und müssen uns sogar Sorgen darüber machen, ob wir uns das Leben noch leisten können.

Gibt es in Medienunternehmen besondere Gründe für die Unzufriedenheit?

Antita Zielina: Zur schlechten WorkLife-Balance und der mäßigen Bezahlung kommen hier noch zwei spezielle Aspekte dazu. Zum einen schlechte Führung. Lange Zeit sind die besten Journalisten die Karriereleiter hinaufgefallen. Es gab keine Führungskräfteentwicklung, man dachte, das mit der Führungskompetenz ergibt sich irgendwie automatisch. In anderen Branchen wurde das viel professioneller gehandhabt. Außerdem haben Medien eine spezielle Begabung, schlechte Führung zu glorifizieren, den harten Chef, der einmal die Woche einen Teller an die Wand wirft. Das ist nicht mehr zeitgemäß.

Und der zweite Aspekt, der in der Medienbranche besonders ist?

Anita Zielina: Es gibt keine Karrierepfade, keine Weiterbildung, man redet nicht über die Frage: Wo möchtest du in drei Jahren sein? Die HR-Abteilung war früher eher damit beschäftigt, Urlaubsanträge abzustempeln. Sie muss aber zu einem aktiven strategischen Player werden – und unter anderem aktive Personalentwicklung betreiben und den Mitarbeiter:innen spannende Wege anbieten. Warum soll sich ein Redakteur beispielsweise nicht in Richtung Datenanalyse weiterentwickeln können?

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Medien-Innovationsreport 2022